28.10.2021
# Gestaltung
Freude herrscht! Adolf Ogi hält eine Festrede für die Bekleidungsprofis

Die Interessensgemeinschaft Berufsbildung Bekleidungsgestalter/in hat ihre Delegiertenversammlung am GBS St.Gallen abgehalten – mit textilem Programm und prominentem Gastredner.
Die Bezeichnung «Alt-Bundesrat» passe ja eigentlich nicht wirklich zu ihm. So kündigte Hans Luginbühl, Präsident der Interessensgemeinschaft Berufsbildung Bekleidungsgestalter/in (IBBG) den Gastredner am Donnerstagabend an. Denn Adolf Ogi sei jung geblieben. «Ehemaliger» Bundesrat passe da schon besser. Ebendieser hielt an der Delegiertenversammlung der IBBG am GBS St.Gallen eine Rede, in der er bewies, dass er alles andere als «alt» wirkt. Und es immer noch beherrscht, die Zuhörerschaft mitzureissen.
«Die Jugend von heute sind die Leader von morgen»
Im Fokus des Nachmittags stand die Ausbildung der Lernenden, einige sassen im Publikum. Ogi erzählte denn auch von seinem Weg, wie er Bundesrat wurde, obwohl die NZZ ihm damals attestierte, dafür «nicht intellektuell genug» zu sein. Wie er sich Ziele setzte, den Satz «ich will» mantramässig verinnerlichte. Seine Universität sei das Militär gewesen, die wichtigste Lebensschule der Sport. «Hier lernt man, zu verlieren, zu gewinnen und sich an Regeln zu halten.» Den Lernenden gibt er mit auf den Weg, daran zu glauben, was man tut und Chancen zu nutzen, wenn sich ein Fenster öffnet. «Die Jugend von heute sind die Leader von morgen.»
Für den ehemaligen SVP-Politiker zählten als Leader vor allem vier Dinge: Mensch, Auftrag, Führung und Kommunikation. Letztere sei schon die halbe Miete. «Man muss klar und einfach sagen, was man will.» Das tut er. Ogi hat das Reden halten – 2333 waren es in seiner Zeit als Bundesrat – nicht verlernt. Er spricht auf Augenhöhe, als würde man einander schon lange kennen, schiebt Anekdoten dazwischen und bringt das Publikum zum Lachen. So war der Programmpunkt zweifelsohne ein Highlight der Delegiertenversammlung.
Textilstadt mit Tradition
Die IBBG ist Trägerin der Bildungsverordnungen für Bekleidungsgestalterinnen EFZ und Bekleidungsgestalter EFZ sowie für Bekleidungsnäherinnen EBA und Bekleidungsnäher EBA. Die Delegiertenversammlung findet zu Ehren von Mitglied Karin Bischoff dieses Jahr in St.Gallen statt. Der Besuch von Bischoff Textil ist freilich ein Programmpunkt, genauso wie ein Einblick von Andreas Burri in die Berufsweltmeisterschaft World Skills.
Auch das Couture Lehratelier des GBS St.Gallen wird präsentiert und besucht. Dass ein solcher Ausbildungsbetrieb in St.Gallen bestehen kann, habe nicht zuletzt mit der textilen Vergangenheit der Stadt zu tun, sagt IBBG-Geschäftsführer Georg Berger. In der ehemaligen Hochburg der Spitzenproduktion gehöre das zur Kultur, auch wenn die Deutschweiz in der Ausbildungswelt eigentlich eher dual ausgerichtet ist. Schweizweit werden 800 Lernende in 24 solcher Werkstätten ausgebildet. Wer nach Abschluss nicht für Marken wie Calida oder Hugo Boss arbeitet, wechselt beispielsweise in den Textileinkauf von Grossverteilern oder macht sich selbständig. 17'000 Jobs zählt die Textilindustrie hierzulande. «Das Know-How der Ausgebildeten ist dort sehr gefragt», so Berger.
Ausstellung und Tage der offenen Tür
Von diesem Know-How konnten sich die Teilnehmenden gleich selber überzeugen. Im Erdgeschoss des GBS-Schulhauses im Riethüsli sind passend zum Anlass Projektarbeiten der jungen Talente ausgestellt. Overalls, Kleider, Jumpsuits, das Motto: form follows function. Bis und mit Samstag finden im Couture Lehratelier des GBS St.Gallen ausserdem die Tage der offenen Tür statt. Eine Woche ganz im Zeichen von Textil, ganz im Zeichen von St.Gallen.