Er entwirft Möbel neben dem Studium
Flavio Zehnder absolviert an der Schule für Gestaltung den Lehrgang HF Industrial Design. Im Gespräch erzählt er uns, wie es dazu kam, dass er nebst dem Studium und der Arbeit Möbel und Inneneinrichtungen entwirft. Und: Was ihn am Werkstoff Holz fasziniert.
Flavio, du bist gelernter Schreiner und studierst zurzeit Industrial Design an der Schule für Gestaltung am GBS St.Gallen. Weshalb wolltest du dich weiterbilden?
Schon während der für mich sehr wichtigen Lehrzeit wurde mir klar, dass ich Produkte nicht nur herstellen, sondern sie auch selber entwerfen will. Praxiserfahrung und das notwendige technische Verständnis sind unabdingbar, um aus einer ersten Idee ein funktionierendes Produkt zu entwickeln. Um meinem Ziel näher zu kommen, begann ich nach der passenden Weiterbildung zu suchen.
Was gefällt dir am Lehrgang HF Industrial Design besonders?
Vielseitigkeit und Praxisnähe die der Lehrgang bietet sprechen mich sehr an. Die verschiedenen Projekte in einer individuell zusammengesetzten Klasse zu erarbeiten, ist spannend und gibt sehr interessante und weitreichende Einblicke in die unterschiedlichsten Themen.
Du entwirfst nebst dem Studium und der Arbeit Möbel und Inneneinrichtungen. Wie kam es dazu?
Als Schreiner befasse ich mich täglich mit Möbeldesign und Inneneinrichtung. Bei Kundenaufträgen geht es darum, bestehende Wünsche und Bedürfnisse zu erkennen und diese optimal auf den Auftraggeber abzustimmen. Weil ich grosse Freude am freien Gestalten und Ausführen ohne Vorgaben und Einschränkungen habe, begann ich schon bald meine eigenen Einrichtungsgegenstände zu entwerfen. Dabei kann ich meinen Stil und meine Visionen voll ausleben.
Um welche Gegenstände handelt es sich bei deinen Konzeptionen?
Meine Werke reichen vom Accessoire bis zum Einbaumöbel. Grösse, Form und Einsatzgebiet variieren stark. Es handelt sich aber vorwiegend um Einrichtungsgegenstände.
Wie würdest du den Stil deiner Werke bezeichnen?
Die Reduktion auf das Wesentliche ist mir sehr wichtig. Meine Werke sollen nicht überladen wirken. Umgangssprachlich kann man sie sicher als «minimalistisch» bezeichnen.
Du sagst, dass der Werkstoff Holz und die Freude am Design dich immer wieder aufs Neue inspirieren. Was zeichnet den Werkstoff Holz in deinen Augen aus?
Die Vielseitigkeit des Werkstoffs Holz finde ich einmalig. Holz birgt ein riesiges Potential, da es auch in vielen Bereichen noch unerforscht ist. Es ist immer wieder erstaunlich, wo Holz überall Verwendung findet. Um ein Beispiel zu nennen, kommen in High End Skiern für Spitzensportler, trotz all den neuen Hightech Materialien, Holzkerne zum Einsatz. Diese positiven Eigenschaften lassen sich nicht nur in Sportgeräten, sondern auch im Möbelbau, der Architektur und vielen weiteren Bereichen nutzen.
Was muss man beachten beim Arbeiten mit Holz?
Holz ist ein Werkstoff mit Charakter. Kein Brett ist gleich wie das andere und somit ist jedes Möbelstück oder Produkt aus Holz ein Unikat. Hier liegt auch die Schwierigkeit, immer das Bestmögliche aus dem Rohmaterial, das nie 100 Prozent identisch ist, rauszuholen. Ein absolut identischer Produktionsablauf wie zum Beispiel bei einem Spritzgussteil ist auch mit modernster Technologie nicht möglich. Letztlich sind für die Fertigung eines einwandfreien Produkts ein geschultes Auge und Erfahrung des Handwerkers oder Maschinisten unerlässlich.
Wodurch zeichnet sich gutes Produktdesign für dich aus?
Diese Frage ist schwierig zu beantworten, denn letztlich ist das sicher auch Geschmacksache und für jeden Individuell. Was ich persönlich sehr schade finde ist, dass heute sehr wenige Produkte Charakter haben. Sie sind eher selten für eine Zielgruppe bestimmt, sondern oft so gestaltet, dass es möglichst jedem «gefallen» sollen. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass sie keinen Wiedererkennungswert haben. Für mich ist gutes Produktdesign wiedererkennbar und vereint Form und Funktion. Gutes Design ist langlebig und unterliegt keinem klassischen Trend.
Auf welches Projekt oder Produkt von dir bist du besonders stolz, und weshalb?
Mein neustes Produkt, der Beistelltisch «Triangle_001» finde ich sehr gelungen. Er verkörpert den Grundsatz «weniger ist mehr» so deutlich wie kaum ein anderes meiner Produkte und zeigt, wie ästhetisch ein filigranes Möbelstück sein kann. Auch der Punkt, dass er zerlegbar ist, passt zur jetzigen Situation mit Corona sehr gut. Platz ist sehr wichtig, gerade wenn das Wohnzimmer plötzlich zum Home-Office wird. Da kann es natürlich sehr praktisch sein, ein Möbelstück, wenn nötig, in wenigen Sekunden zerlegen zu können und so seinen Platzbedarf auf die Grösse eines Schuhkartons zu reduzieren.
Woher nimmst du deine Inspiration?
Ich besuche regelmässig Messen zum Thema Interiordesign. Das sind natürlich super Inspirationsquellen. Aber auch der ganz normale Alltag bietet immer wieder Inspirationen, wenn man mit «offenen Augen» durch die Welt geht.
Hat dir die Weiterbildung bereits einen Vorteil verschafft?
Absolut. Erlerntes Wissen konnte ich bereits an diversen Orten anwenden ob im Berufsalltag oder bei meinen Projekten.
Was möchtest du unbedingt bald einmal realisieren, gibt es da ein spezielles Projekt?
Manche Projekte entstehen ziemlich spontan, wie der Beistelltisch «Triangle_001». Jedoch möchte ich bald eine Garderobe entwerfen, welche modular erweiterbar ist und sich auf die individuellen Bedürfnisse abstimmen lässt.