Analytisch. Kreativ. Entwickler/-innen digitales Business
Im August 2024 werden die ersten Entwickler/-innen digitales Business EFZ ihre vierjährige Berufslehre im Kanton St.Gallen starten. Der Verband ICT Berufsbildung Ostschweiz und das GBS St.Gallen stellten die Inhalte des analytischen und kreativen Berufes an einem Info-Zmorga vor. Auch wurden den Betrieben Wege aufgezeigt, wie sie die Digitalisierungsprofis bei sich ausbilden können.
Diesen August haben schweizweit über 100 junge Menschen die vierjährige Berufslehre als Entwickler/-in digitales Business EFZ begonnen. «Eigentlich gibt es hier keinen normalen Tag. Die Aufgaben sind vielseitig», sagt Jennifer Häller zufrieden gegenüber der «Luzerner Zeitung». Sie arbeitet bei der Firma Komax und ihre Kernaufgaben umfassen vorwiegend die Analyse von Fragestellungen im digitalen Geschäftsalltag. Darauf basierend wird sie in der Lage sein, Prozesse, Produkte und Geschäftsmodelle zu optimieren. Während ihrer gesamten Lehrzeit steht die Arbeit mit Daten im Zentrum: Daten erheben, analysieren, visualisieren und daraus Lösungsvorschläge ableiten.
Ab Sommer 2024 werden die neuen Digitalisierungsprofis auch im Kanton St.Gallen ausgebildet. Schweizweit haben für das kommende Jahr gemäss ICT Berufsbildung Schweiz 30 Unternehmen und Verwaltungen rund 80 Lehrstellen ausgeschrieben. Damit auch die Unternehmen in der Region den Mehrwert von Entwickler/-innen digitales Business kennen, luden das GBS St.Gallen und ICT Berufsbildung Ostschweiz zum Info-Zmorga ins Riethüsli.
Wahrscheinlich ein neuer Rekord
Christian Schlegel von der ICT Berufsbildung Ostschweiz begrüsste die Anwesenden vor Ort sowie die online zugeschalteten Teilnehmenden: «100 Lernende sind schweizweit gestartet – das ist für ein neues Berufsbild, welches in den letzten zwei Jahren entwickelt wurde, stark. Ich glaube, das ist sogar ein neuer Rekord für das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI.» Das Ziel des Berufsverbandes ist es nun, die ICT-Lehrstellenquote auch dank den Entwicklern/-innen digitales Business auf über acht Prozent zu erhöhen. Christian Schlegel erklärt: «Um die natürliche Fluktuation aufzufangen, sollten die Lernenden in jedem Unternehmen acht Prozent der Mitarbeitenden ausmachen.»
Häufig wird Christian Schlegel gefragt, welche Kompetenzen erforderlich seien, um die Entwickler/-innen digitales Business zu betreuen. Die Antwort: Die betriebliche Ausbildung kann durch Fachpersonen verschiedener Ausbildungen erfolgen. Meistens werden die nötigen Kompetenzen bereits heute durch verschiedene Mitarbeitende abgedeckt, die entsprechend in die betriebliche Ausbildung der Lernenden involviert werden können: Sei das in den Bereichen «Erarbeitung von digitalen Lösungen», «Begleitung von Projekten», «Datenanalyse», «Geschäftsprozesse» oder «Kommunikation». Diese Bereiche werden bereits heute zum Beispiel durch Kaufleute, Mediamatiker/-innen oder Informatiker/-innen abgedeckt.
Cleveres Rotationsprinzip
Betriebe über alle Branchen hinweg können Entwickler/-innen digitales Business ausbilden. Die nötigen Kompetenzen sind meistens vorhanden, wenn sie sich im Prozess der digitalen Transformation befinden und laufende Erkenntnisse aus Daten gewinnen möchten. «Für den eigenen Betrieb oder für die Kunden», erklärt Christian Schlegel. Derzeit bilden vor allem öffentliche Verwaltungen, Banken, Versicherungsgesellschaften und KMUs aus. Christian Schlegel verweist ebenso auf das Rotationsprinzip, denn die Praxisausbildung kann in verschiedenen Abteilungen erfolgen. ICT Berufsbildung Ostschweiz prüft derzeit auch die Möglichkeit eines Kleinverbundes, in dem sich mehrere Betriebe zusammenschliessen und ergänzend ausbilden.
Zudem bietet das Bbc St.Gallen ein Basislehrjahr an, um die Betriebe in der Einführungsphase des neuen Berufes zu entlasten. Simon Hefti berichtete über die Idee des Basislehrjahrs: «Wir bieten einen 360-Grad-Rundumblick anhand des Lehrplans, damit die Ausbildungsbetriebe im zweiten Jahr auf der Fachkompetenz und der Fachsprache aufbauen können.» Ausserdem werden alle überbetrieblichen Kurse in diesem Basislehrjahr durchgeführt.
Die Blackbox-Methode
Die GBS-Lehrpersonen Thomas Kehl und Oliver Lux machten am Info-Zmorga greifbar, was die Entwickler/-innen digitales Business in der Berufsschule erwartet. Für die Modulentwicklung arbeiteten mehrere Schweizer Berufsschulen zusammen, wobei immer eine den Lead in ihrem Fachgebiet übernimmt. Oliver Lux präsentierte das Modul 331 «Aufträge methodenunterstützt ausführen». Hier wird unter anderem die Blackbox-Methode angewandt, um ein System zu untersuchen. Die Lernenden lernen Aufträge aus dem eigenen Berufsumfeld gemäss Vorgaben des Auftraggebers selbstständig und mit Hilfe geeigneter Techniken, Methoden und Hilfsmittel auszuführen.
Im zweiten Semester sind dann u.a. die Module 230 «Geschäftsprozesse modellieren» und 375 «Daten statistisch auswerten» an der Reihe. «Die Mathematik wird ins Modul 375 integriert. Die Lernenden bereiten Datenbestände auf und führen statistische Analysen durch», erklärt Thomas Kehl. Die Entwickler/-innen digitales Business EFZ erheben und bereinigen Daten – es wird nicht das letzte Mal sein in ihrer vielseitigen Ausbildung.
FAQ Entwickler/-in digitales Business EFZ
Wer kann den Beruf ausbilden?
Betriebe aller Art (Grösse, Region) und aller Branchen, welche sich im Bereich digitale Transformation, Veränderungen und Optimierungen von Geschäftsprozessen mit digitaler Unterstützung sowie Datenanalyse betätigen oder auseinandersetzen (wollen).
Wo liegt der Unterschied zu den Berufen Informatiker/-in EFZ und Mediamatiker/-in EFZ?
Informatiker/-innen EFZ, insbesondere in der Fachrichtung Plattformentwicklung, sind technisch orientiert. Mediamatiker/-innen EFZ sind Richtung Marketing und Kommunikation sowie Gestaltung orientiert. Entwickler/-innen digitales Business EFZ sind in den Bereichen Vernetzung, Kommunikation, Geschäftsprozesse, Daten und Produkte tätig.
Ist der/die Entwickler/-in digitales Business EFZ ein/e Wirtschaftsinformatiker/-in EFZ?
Nein, der Schwerpunkt des neuen Berufs Entwickler/-in digitales Business EFZ liegt in der Unterstützung und Begleitung von Optimierungen und Neuerungen im Bereich Geschäftsprozesse mit Einbezug von digitalen Technologien, Systemen und Instrumenten. Sie/er wird nicht Projektmanager/-in oder -leiter/-in sein und kein Business-, Prozess- oder Change-Management machen, sondern die Koordination zwischen Spezialisten/-innen (z.B. von Wirtschaftsinformatiker/-innen, Applikationsentwickler/-innen, Buchhalter/-innen etc.) unterstützen und dabei Digitalisierungs-Elemente einbringen sowie den Sprachtransfer (Technik – Business) vornehmen können.
Welche Weiterbildungsmöglichkeiten bestehen für Entwickler/-innen digitales Business EFZ?
Eine typische Weiterbildung auf der Tertiärstufe für Entwickler/-innen digitales Business EFZ ist die eidgenössische Berufsprüfung Wirtschaftsinformatiker/-in EFA. In der höheren Berufsbildung stehen auch die Türen offen für Spezialisierungen wie z.B. die Berufsprüfung ICT-Applikationsentwickler/-in EFA oder mit genügend Berufserfahrung die höhere Fachprüfung ICT-Manager/-in ED.