6 Milliarden für das Klima? Lernende diskutieren die Initiative für eine Zukunft
Politik geht uns alle an. An den «Discuss it»-Veranstaltungen in der Aula des GBS St. Gallen wurden die jungen Erwachsenen von Politikerinnen und Politikern ermutigt, ihr demokratisches Mitspracherecht aktiver zu nutzen. In den Podiumsdiskussionen zur Initiative für eine Zukunft tauchten die Lernenden tief in die politische Meinungsbildung ein. Die Gedanken kreisten nicht selten um Geldsummen in Milliardenhöhe.
Es geht ohne Beleidigungen und laute Wortmeldungen. Die Diskussionsveranstaltungen des gemeinnützigen Vereins «Discuss it» waren ein mustergültiges Beispiel für respektvollen Umgang. «Ich sehe ihren Ansatz, aber…», sagte etwa Rebecca Meier, Vorstandsmitglied Junge Grüne Kanton St.Gallen, zu ihrem Gesprächspartner Christof Züger. Der FDP-Kantonsrat in St.Gallen dankte ihr wenige Minuten später für den Steilpass, womit er sein Argument anbringen konnte.
Die teilnehmenden Politiker/-innen lebten vor, wie verschiedene Meinungen Platz haben. Sie liessen einander ausreden und hörten sich gegenseitig zu – eines der Kernanliegen von «Discuss it». Ein anderes Ziel ist, das Ungleichgewicht anzugehen, welches die Schweizer Wahlstudie Selectrs vor Augen führt: Junge Menschen beteiligen sich markant weniger stark an demokratischen Prozessen. Bei den eidgenössischen Wahlen 2023 lag die Wahlbeteiligung der 18- bis 24-Jährigen bei 29 Prozent. Der Wähleranteil bei der Altersgruppe 65 bis 74 wiederum lag bei 61 Prozent.
Routinierte Kantonsräte/-innen und Jungpolitiker/-innen
Deshalb organisiert «Discuss it» Diskussionsveranstaltungen in Schulen. Damit wird die Politik direkt zu den jungen Erwachsenen gebracht. In der Aula des GBS St.Gallen besuchten insgesamt 280 Lernende Podiumsdiskussionen zur Initiative «für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert», kurz Initiative für eine Zukunft.
Folgende Politiker/-innen nahmen sich verteilt auf die vier Veranstaltungen Zeit, damit sich die Lernenden während ihres Allgemeinbildenden Unterricht (ABU) eine Meinung bilden konnten:
- Vera Celik, Geschäftsleitung SP Migranten/-innen Schweiz
- Trudy Cozzio, St.Galler Kantonsrätin «Die Mitte»
- Barbara Dürr, St.Galler Kantonsrätin «Die Mitte»
- Heinz Herzog, St.Galler Kantonsrat EDU
- Rebecca Meier, Vorstandsmitglied Junge Grüne Kanton St.Gallen
- Diego Müggler, Co-Präsident Junge Grüne Kanton St.Gallen
- Noah Olibet, Vorstandsmitglied Juso Kanton St.Gallen
- Peter Scherrer, Vorstand JSVP Region St.Gallen
- Christof Züger, St.Galler Kantonsrat FDP
Diskussion um 6 Milliarden Franken
Über die Initiative für eine Zukunft entscheidet die Schweizer Stimmbevölkerung am 30. November 2025. Lanciert von den Jungsozialisten (Juso), fordert die Initiative, dass Erbschaften und Schenkungen über 50 Millionen Franken zur Hälfte besteuert werden. Eine bürgerliche Nein-Allianz aus SVP, FDP, Mitte, GLP und mehreren Wirtschaftsverbänden wehrt sich gegen das Vorhaben. Bei einem Ja an der Urne erwarten die Befürworter Steuereinnahmen in der Höhe von durchschnittlich 6 Milliarden Franken pro Jahr, die dann für sozial gerechte Klimaschutzmassnahmen bereitstehen würden.
Ein Lernender wollte an der Diskussion am Mittwochvormittag von Rebecca Meier wissen, wofür dieser Betrag genau eingesetzt wird. Die Politikerin der Jungen Grünen des Kanton St.Gallen verwies darauf, dass die Einnahmen zweckgebunden in den Klimaschutz investiert werden. Sie sollen zu zwei Dritteln an den Bund und zu einem Drittel an die Kantone fliessen. «Wir brauchen dieses Geld dringend, um unsere Klimaziele zu erreichen», sagte Rebecca Meier. Es sei nur fair, dass die Reichsten, die mit ihrem luxuriösen Lebensstil einen überdurchschnittlich grossen ökologischen Fussabdruck hinterlassen, auch einen grösseren Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Diese 6 Milliarden Franken wurden von den Initianten/-innen berechnet. Sie nahmen dafür die Daten der eidgenössischen Steuerverwaltung aus dem Jahr 2018 als Grundlage. Christof Züger bezeichnet die Schätzung der Juso als Milchbüchleinrechnung. Er verweist darauf, dass der Bundesrat für den Abstimmungssonntag ein «Nein» empfiehlt und die Höhe der erwarteten Einnahmen als unsicher einstuft. «Wem glauben sie mehr? Den Zahlen der Behörden, die alle relevanten Statistiken der Bevölkerung sammelt und kennt, oder der Berechnung des Initiativkomitees?»
Die Jungen haben es in der Hand
Christof Züger erklärte den Lernenden, dass er mit seiner Firma Züger Frischkäse AG von der Initiative direkt betroffen wäre. Er argumentierte, dass ein «Ja» nur Verlierer schaffe für den Wohlstand, Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort Schweiz. «Ich bin davon überzeugt, dass diese Initiative in die falsche Richtung geht. Die Initianten sehen nämlich vor, dass eine Minderheit ein Problem der Allgemeinheit lösen soll», stellte er seinen Standpunkt klar. An die Lernenden gerichtet, sagte der FDP-Politiker: «Die Zukunft der Schweiz liegt an euch, denn ihr macht den Unterschied für die nächsten Generationen aus. Jede und jeder von uns kann einen Beitrag zur Klimawende leisten.»
Auch Rebecca Meier bedankte sich zum Abschluss bei den Anwesenden in der Aula für die spannende Diskussion und sagt: «Diese Initiative engagiert sich für einen guten Zweck und packt das Problem am richtigen Ort an. Engagieren wir uns weiterhin fürs Klima und lasst uns weiter über genau solche Themen diskutieren.»