Anatomie hautnah: Lernende sezieren ein echtes Rinderherz
Bei dieser Unterrichtseinheit schlägt das Herz der Berufsmaturitätsschülerinnen und -schülern höher: Lehrperson Silvio Widmer nutzt ein echtes Rinderherz, um seinen Lernenden die Funktionsweise des Herzens näherzubringen. Unterstützt wird er dabei von Dr. med. Fritz Widmer, Facharzt für Kardiologie, der unter anderem typischen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erklärt.
Wer Mühe damit hat, ein echtes Rinderherz zu sehen, sollte sich die folgende Bildergalerie nicht anschauen.
Warum ist die rechte Herzkammer kleiner und dünnwandiger als die linke? Diese Frage kommt im BM-Schwerpunktfach Naturwissenschaften auf, als Lehrperson Silvio Widmer beginnt, ein Rinderherz vor seiner Klasse zu sezieren. Gebannt schauen und hören die Lernenden zu und fühlen selbst, wie sich das Fettgewebe um das Herz anfühlt. Auch einen sorgfältigen Schnitt mit dem Skalpell dürfen sie am Herzmuskel durchführen. «Ich kann mir besser vorstellen, was unser Herz leistet, wenn ich es in echt berühren kann, statt es nur als Abbildung zu sehen», sagt Gärtnerin Nives.
In seinem Berufsalltag als Koch hat Claudio schon viele tierische Produkte gesehen, vor allem die Leber hat er häufig zubereitet. Er hat sich für die einjährige Berufsmaturität nach der Lehre mit Ausrichtung Gesundheit und Soziales entschieden, weil ihn diese auf ein Studium an einer Fachhochschule in den Bereichen Gesundheit und Soziales vorbereitet. Über den praxisnahen Unterricht sagt Claudio: «Diese Sequenz unterstütz den theoretischen Input. Mega cool.»
Risikofaktoren für das Herz: Snus, Diabetes und wenig Bewegung
Die Theorie vermittelt Silvio Widmer nicht alleine, denn er erhält durch seinen Vater hochkarätige Unterstützung. Dr. med. Fritz Widmer ist pensionierter Facharzt FMH für Kardiologie sowie Innere Medizin und hilft am Kantonsspital Münsterlingen immer noch aus. Er erklärt, dass die linke Herzkammer grösser sei, weil sie eine viel höhere Druckarbeit leisten muss. Während die rechte Kammer das Blut nur in die Lunge pumpt, befördert die linke das Blut in den ganzen Körper. Die Lernenden erkennen anhand des Rinderherzes, dass die linke Kammer eine viel dickere Wand hat, damit sie den hohen systemischen Blutdruck bewältigen kann.
Dr. med. Fritz Widmer geht auch darauf ein, dass kardiovaskuläre Risikofaktoren das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Snus und Rauchen (Nikotin) schädigt die Blutgefässe und fördert Verkalkungen. Bei Diabetes mellitus führt ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel dazu, dass die Gefässe schneller altern. Arterielle Hypertonie, also Bluthochdruck, belastet das Herz und kann langfristig zu Herzschwäche führen.
Die Lernenden lernen, dass auch ein zu hoher LDL-Cholesterinwert Ablagerungen in den Gefässen begünstigt. Bewegungsmangel schwächt zudem Herz, Kreislauf und Stoffwechsel. Viele dieser Risiken können durch gesunde Ernährung, Rauchstopp, Kontrolle von Blutdruck und Blutzucker sowie Bewegung deutlich gesenkt werden.
Enorm widerstandsfähig: Herzklappen
Die Medizin kann ebenfalls helfen, wenn das Herz zu langsam schlägt oder aussetzt. Die Schülerinnen und Schüler der gesundheitlich-sozialen Berufsmaturität erfuhren, dass ein Herzschrittmacher unter die Haut im Bereich unterhalb des Schlüsselbeins eingesetzt wird. Über die Elektrodenkabel wird der Impuls direkt ins Herz geleitet, wo er eine Herzkontraktion auslöst. Diese Elektrodenkabel werden direkt an die Innenwand des Herzmuskels angebracht, oft im rechten Vorhof.
Zwischen dem rechten Vorhof und der rechten Herzkammer befindet sich eine Segelklappe. Silvio Widmer zeigt seiner Klasse anhand des Rinderherzens, wie robust diese ist. Die Herzklappen öffnen und schliessen sich etwa 100'000-mal pro Tag. Die Klappen verhindern, dass das Blut zurückströmt, und sind eigens für diese Funktion enorm widerstandsfähig. Jasmin, ausgelernte Fachangestellte Gesundheit, sagt fasziniert: «Das Herz ist ein komplexes Organ und arbeitet immer.»