Bauplanung HF: Ein Dorf nachhaltig vor Hochwasser schützen
Das Wasser ist ihr Element. Seline Frei unterrichtet an der Baukaderschule St.Gallen die Fächer Hydraulik und Wasser- und Flussbau. Damit die Studierenden der Bauplanung HF, Studienrichtung Ingenieurbau, nicht ins Schwimmen kommen, wählt sie für ihren Unterricht reale Hochwasserschutzprojekte. Mehr über das berufsbegleitende Studium erfährst du hier.
Der Bach Surb fliesst durch das im Kanton Zürich liegende Wehntal. Durch die zunehmende Besiedlung in den letzten Jahrzenten gingen die natürlichen Überschwemmungs- und Versicherungsflächen verloren. Das führt zu höheren Abflussspitzen, die die Surb nicht mehr gefahrlos ableiten kann. Um ein Hochwasser in der Region zu vermeiden, sind jetzt die Ingenieurbauer/-innen gefragt.
Das Hochwasserschutzprojekt im Wehntal ist eine typische Aufgabe, wie sie die Studierenden der Bauplanung HF im Unterricht Wasser- und Flussbau bearbeiten. Dozentin Seline Frei erklärt: «Die Studierenden analysieren das Projekt in Gruppen, erarbeiten Hochwasserschutzmassnahmen und stellen es sich gegenseitig vor. An welchen Stellen ist das Bachbett zu klein? Welche Hochwasserschutzmassnahmen kommen in Frage?»
Rot, blau, gelb und gelb-weiss
In der Aufgabe bestimmen die Studierenden das Schutzziel. Dafür muss das gefährdete Gebiet bekannt sein, wozu die Gefahrenkarte hinzugezogen wird. Sie ist von baurechtlicher und raumplanerischer Bedeutung, weil sie die Gefährdung als erheblich (rot), mittel (blau), gering (gelb) und Restgefahr (gelb-weiss) darstellt. Diese Gefahrenkarte weckt das Interesse der Studierenden rasch, sagt Seline Frei: «Es kann ein regionaler Bezug hergestellt werden, weil man die Gefahrensituation für die eigene Wohngemeinde nachschauen kann.»
Ein physikalischer Vorgang
Um Physik geht es hauptsächlich, wenn Seline Frei an der Schreinerstrasse Hydraulik unterrichtet. Dieses Handwerk können die Studierenden in mehreren nachfolgenden Fächern anwenden. Seline Frei vermittelt die Grundlagen, wie Wasser fliesst, wo Energieverluste entstehen und wie Wasser für die Erzeugung von Strom verwendet werden kann. «Letztlich ist Hydraulik ein Teilgebiet der Physik. Die gelernten Konzepte wenden wir nach und nach an realen Beispielen an, nicht nur im Fach Hydraulik, sondern auch im Fach Fluss- und Wasserbau», erklärt die gelernte Wasserbauingenieurin.
In der Schweiz und in der Region St.Gallen gibt es zahlreiche Hochwasserschutz- und Revitalisierungsprojekte. «Vielen Studierenden ist bewusst, wie wichtig Revitalisierungsprojekte aus ökologischer Sicht sind. Und mit der Hochwasserschutzthematik kommen sie durch die Medien häufig in Kontakt», so Seline Frei.

«Es entstehen gute Diskussionen, weil wir den Stoff miteinander erarbeiten.»
Seline Frei, Dozentin
Vom Bachelor zur Anstellung an der ETH
Wie ein Gewässer verläuft auch das Leben nicht immer geradlinig. Seline Frei begann ihren Bachelor in Umweltingenieurwissenschaften an der ETH Zürich mit dem Gedanken, sich später auf die Erneuerbaren Energien zu fokussieren. Es kam anderes, weil ihr Interesse im Wasser- und Flussbau, grösser wurde. «Mich fasziniert, wie das Wasser fliesst», sagt Seline Frei. Deshalb hat Seline Frei im Master die Vertiefungsrichtung Fluss- und Wasserbau und Wasserressourcenmanagement gewählt.
Seit 2020 arbeitete sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW) an der ETH Zürich. Sie erstellt numerische 1D, 2D und 3D Simulationen am Computer im Rahmen von Forschungsprojekten oder für Projekte in der Schweiz und im Ausland. Zusätzlich betreut sie Masterarbeiten und gibt an der ETH in ihrem Spezialgebiet Vorlesungen. «Während im Vorlesungssaal an der ETH stärker doziert wird, steht an der Baukaderschule St. Gallen das gemeinsame Erarbeiten von Lösungen und das Eingehen auf Fragen im Vordergrund», vergleicht Seline Frei.
Im Lehrgang Bauplanung HF, Studienrichtung Ingenieurbau, hat sie einen gesamten Freitagvormittag zur Verfügung, um nach einem Theorieblock auch Übungen zu lösen und zu besprechen und Projektbeispiele zu zeigen. «Es entstehen gute Diskussionen, weil wir den Stoff miteinander erarbeiten», sagt Seline Frei. Sie hat neben dem Master an der ETH auch eine didaktisch-pädagogische Ausbildung für die Erwachsenenbildung abgeschlossen. Sie sagt: «Ich mag diese Mischung, die ich dank meiner Beschäftigung an der ETH und hier in St.Gallen habe. Ich gebe auf allen Stufen gerne mein Wissen weiter.»