Bauvorarbeiter lernen, wie Berufsbildner agieren
Es liegt an den Berufsbildner/-innen, dass sie Probleme von Lernenden frühzeitig angehen. «Alleine gelassen werdet ihr dabei aber nicht. Unterstützen können euch zum Beispiel die Lehraufsicht im Amt für Berufsbildung, die gesetzliche Vertretung oder der Sozialdienst (KSD) der Berufsfachschule», erklärt Ausbildungsberater Patrick Frei den angehenden Bauvorarbeiter/-innen der Baukaderschule St.Gallen. Im Rahmen ihres Vorbereitungskurses absolvieren sie den Berufsbildner BB100.
Fehlender Berufsstolz, Unpünktlichkeit, mangelhafte Leistungen... Im rechtlichen Teil des Berufsbildnerkurses wird das Worst-Case-Szenario besprochen. Die Problemstellungen im Verlaufe einer Berufslehre können vielfältig sein und unterschiedliche Ursachen sowie Auswirkungen haben. «Viele Berufsbildner denken, dass sie Herausforderungen mit Lernenden auf eigene Faust lösen müssen und reagieren oft viel zu spät», sagt Patrick Frei vom Amt für Berufsbildung Kanton St.Gallen, Abteilung Lehraufsicht.
Der Ausbildungsberater trägt mit eigenen Beispielen aus der Praxis und Gruppenarbeiten zu einem lebhaften Unterricht bei. Und er vermittelt klare Botschaften: «Eure wichtigste Aufgabe als Berufsbildner im Zusammenhang mit Problemen ist es, diese frühzeitig zu erkennen und richtig einzuordnen. Ihr analysiert die Situation und leitet Optimierungsmassnahmen ein.» Je nach Ausgangslage kann die Sozialberatung KSD, die auch am GBS St.Gallen über ein Team verfügt, herbeigezogen werden.
Die Schlüsselpersonen in der Ausbildung
Mit Hilfe eines Interventionsschemas macht Patrick Frei darauf aufmerksam, bei welchen Verstössen ein informelles Gespräch angebracht ist und wann eine Besprechung mit den Eltern mitsamt Aktennotiz angemessen ist. Die Studierenden lernen die Pflichten und Rechte während einer beruflichen Grundbildung kennen.
Es ist wichtig, dass auch die Bauvorarbeiter/-innen über die rechtlichen Grundlagen Bescheid wissen und dadurch die Berufsbildner in ihrem Unternehmen besser unterstützten können. Patrick Frei erklärt: «Bauvorarbeiter und Baupoliere sind die Schlüsselpersonen auf ihren Baustellen. Sie arbeiten mit den Lernenden direkt zusammen, während die Berufsbildner in der Baubranche häufig im Büro tätig sind.»
Der Weg zum Berufsbildner-Diplom
Student Peter gibt dem Kursleiter recht. Für ihn ist der ins berufsbegleitende Studium integrierte Berufsbildnerkurs sinnvoll: «Indirekt sind wir auch Berufsbildner, weil wir die Lernenden fachlich betreuen. In meiner Firma ist ein Bauführer als Berufsbildner für schulische und administrative Angelegenheiten verantwortlich.» Der angehende Bauvorarbeiter gibt das Gelernte gerne an die jüngere Generation weiter. Durch die Fragen der Lernenden bleibe er selber auf dem aktuellsten Stand, da er einen Sachverhalt manchmal auch rasch nachlese. Schliesslich soll die Antwort korrekt und ausführlich sein.
Der Berufsbildnerkurs ist mit insgesamt 100 Lernstunden Bestandteil des Fachs «Kaderkompetenz». Der rechtliche Teil wird vom kantonalen Amt für Berufsbildung an zwei halben Tagen bestritten. Anschliessend wird das Thema im Selbststudium vertieft. Die Studierenden nehmen sich verschiedener Aufgaben an und führen zum Beispiel mit den Lernenden und Berufsbildnern in ihren Betrieb Interviews. Ebenfalls werden sie eine Arbeitsvorbereitung nach dem IPERKA-Modell planen und durchführen. IPERKA steht für Informieren, Planen, Entscheiden, Realisieren, Kontrollieren und Auswerten.
Mit einer Diplomarbeit schliessen die Studierenden den Kurs ab: Sie reflektieren, halten eine Präsentation und führen ein Fachgespräch. Die Arbeiten drehen sich um Kursthemen wie zum Beispiel «Lernschwache Lernende – was sind die rechtlichen Möglichkeiten?».
Mit dem Berufsbildner-Diplom in die Weiterbildung zum/zur Baupolier/-in
Die Bauvorarbeiter/-innen werden neu ein offizielles, national anerkanntes Diplom erhalten, sobald sie die eidgenössische Berufsprüfung bestanden haben. So sieht es der Masterplan 20230 vor. Bei den Baupolier/-innen wird noch mehr in die Führungsausbildung sowie ins Unternehmerische Denken und Handeln investiert.
«Wer auf dem Bau mehr Verantwortung übernehmen will, hat auch als Bauvorarbeiter alle Möglichkeiten», sagt Roland Lohri, Lehrgangsleiter an der Baukaderschule St.Gallen. Auf der Weiterbildung der Bauvorarbeiter/-innen baut diejenige zum/zur Baupolier/-in auf. Das heisst, der Berufsbildner-Nachweis ist eines der Aufnahmekriterien.