Selber eine Firma leiten – Gewinn allein ist nicht alles
Die betriebswirtschaftliche Simulation WIWAG simuliert Markt und Unternehmen – und fordert die Studierenden der Bauführung HF eine Woche lang ganz schön heraus. Von den Bauführern*innen ist ein 360-Grad-Rundumblick gefordert, denn es müssen nicht nur die Zahlen stimmen und die Mitarbeitenden gefördert werden. Mehr Infos über den Lehrgang Bauführung HF.
Mehrere Entlassungen und eine Kreditaufnahme – das 12. Geschäftsjahr des jungen Unternehmens Swiss Watch war ein Krisenjahr. Chief Marketing Officer (CMO) Michael Grob erklärte an der fiktiven Generalversammlung im Schulzimmer S205: «Wir standen im Ausland einer starken Konkurrenz gegenüber. Wir produzierten zu viele Uhren und haben zu wenige davon abgesetzt.» Die Folge war ein riesiger Lagerbestand, der die Finanzen negativ beeinflusste.
Wie alle Mitglieder Geschäftsleitung des im Low-Budget-Segment anzusiedelnden Uhrenherstellers war Michael Grob bei den Entlassungen involviert. Teamkollege Andreas Rhyner, Chief Customer Officer (CCO), blickt auf die Diskussionen zurück: «Natürlich sträubte sich unser Personalchef dagegen, aber die Finanzen zwangen uns dazu. Jeder äusserte zuerst seinen Standpunkt, dann wurde die Massnahme aus rein wirtschaftlichen Gründen getroffen.» Er selbst habe während der betriebswirtschaftlichen Simulation besonders bei der gemeinsamen Budgetplanung profitiert.
Wertvoller Einblick in neue Branche
Im Verlaufe der Wirtschaftswoche an der Baukaderschule St.Gallen erlebten die Studierenden wirtschaftliche Zusammenhänge im Unternehmen anhand der webbasierten Simulation WIWAG. Wie im realen Wirtschaftsleben müssen die Teilnehmenden Strategien entwickeln und sich mit den Aktivitäten der Konkurrenz und der Marktentwicklung auseinandersetzen. Sie organisieren sich, treffen viele Entscheidungen und setzten Marketingkonzepte um – für einen fiktiven Uhrenhersteller. «Der Einblick in eine andere Branche soll inspirieren. Unternehmensführung ist letztlich unabhängig von der Branche. Die Hebelwirkungen sind überall dieselben», erklärt Karl Scheiwiller, Lehrperson im Fach Unternehmensführung.
Als Mitglied des höheren Kaders leiten, organisieren und überwachen Bauführer*innen die Baustelle. Sie tragen Verantwortung und treffen Entscheidungen. «Vernetzt Denken wird zunehmend wichtiger. Es gibt immer mehr Spezialisten*innen, wodurch der Blick fürs grosse Ganze öfters verloren geht», sagt Scheiwiller. «Ihr als Führungspersönlichkeit könnt dem entgegenwirken. Ihr beeinflusst das Unternehmen positiv, damit es dank der gewählten Strategie über viele Jahre hinweg solid wirtschaftet.»
Auf die Umwelt achten
Erfreulich: Jede Gruppe legt Wert auf top ausgebildetes Personal. «Unsere Mitarbeitenden sind das Wertvollste für uns. Wir fördern unser Personal, damit es bei uns bleibt», sagt Damian Vicini. Das Team um Jonathan Gammenthaler richtet den Blick auch auf die Lernenden: «Auch bei schlechter Wirtschaftslage wollen wir nur so viele Lernende einstellen, wie es der Personalbestand zulässt. Das Verhältnis soll ausgewogen sein, damit die Jugendlichen nicht als billige Arbeitskraft agieren.»
Mit zunehmender Dauer der Simulation wurde den Studierenden bewusst, dass sie gleich mehrere Anspruchsgruppen zufriedenstellen müssen. Daniel Merkofer amtete als Finanzchef von ReWatCH und sagt: «Zu Beginn lernten wir die Simulation kennen und achteten darauf, wie sie reagiert. Anschliessend wurde es schwieriger, denn wir mussten uns auf eine Strategie fixieren. Wohin wollen wir mit unserem Produkt?»
Fürs 12. Geschäftsjahr wurden bei den drei Unternehmen absichtlich Turbulenzen simuliert. Die Kursleitung ihrerseits gewichtet das ökonomische, ökologische und soziale Zusammenspiel. In diesem Zusammenhang wählte ReWatCH die Strategie, pro verkaufte Uhr je einen Franken zu spenden, um die Weltmeere sauber zu halten. «Für Sie ist es Müll, für uns ist es eine Vision: Unsere ReWatCH steht für Recycling und Schweizer Qualität», sprach Merkofer zu den Aktionären.
Neue Maschinen bringen Gewinn
Während die Aktionäre den Börsenkurs mit Argusaugen beobachten, beurteilt die Kundschaft die Leistung eines Unternehmens anhand der Qualität und dem Preis. Die Mitarbeitenden fokussieren sich auf die Arbeitsauslastung und die Lohnentwicklung. Die Gesellschaft möchte vom Unternehmen gerne bezüglich Steuern und Sponsoring profitieren.
In all diesen Bereichen punktete die Gruppe Clock Work am besten. CEO Ronja Kriech bilanziert: «Es war sehr interessant zu sehen, welche Auswirkungen unsere Entscheidungen auf die gesamte Marktsituation haben. Wir haben in der Geschäftsleitung sehr lange darüber diskutiert, ob wir uns im Luxussegment bewegen sollen. Am Ende hat sich das Risiko ausbezahlt.» Ein cleverer Schachzug war es auch, nicht die derzeit im Einsatz stehenden Maschinen zu warten, sondern die nächste, modernere Generation einzukaufen. Dies zahlte sich in Bezug auf die Auslastung und auf eine nachhaltigere Produktion aus.