Vertiefungsarbeit: Prämiert für starke Ideen und echte Emotionen
Fast 1000 Lernende haben in diesem Schuljahr ihre Ideen, Zeit und Leidenschaft in die Vertiefungsarbeit investiert. Erneut ist die Bandbreite der Abschlussarbeiten im Fach «Allgemeinbildender Unterricht» (ABU) beeindruckend vielfältig. Die 25 besten Arbeiten wecken Emotionen und sind gründlich recherchiert.
Die Freude von Tamara Hasler über ihr Edelweisshemd ist definitiv ansteckend und liess das Publikum in der Aula des GBS St.Gallen herzhaft lachen. Die Restaurantfachfrau EFZ besuchte für ihre Vertiefungsarbeit einen Nähkurs und dokumentierte im Anschluss die Herstellung ihres eigenen Edelweisshemdes akribisch auf mehreren Seiten mit eigenen Bildern. «Es hat mich gepackt. In der Zwischenzeit habe ich schon vier Hemden genäht», erzählte Tamara Hasler auf der Bühne.
In der Kategorie der Dienstleistungsberufe belegte sie den dritten Platz und wurde für ihren erfrischenden Auftritt an der Prämierungsfeier mit dem Publikumspreis zusätzlich belohnt. Reto Künzli verkündete dieses mit Spannung erwartete Abstimmungsergebnis der Anwesenden und moderierte den gesamten Abend als Mitglied des ABU-Leitungsteams.
In der Kategorie vom Tamara Hasler trumpfte Koch Loris Vetsch mit seinem Marketingkonzept für sein eigenes Produkt aus Ackerbohnen auf – «Tastybean». Die ABU-Lehrerin Dominique Angehrn lobte in ihrer Laudatio: «Loris Vetsch hat sich nicht mit der ersten Version zufriedengegeben, sondern hat mit kritischem Denken seine Inhalte überarbeitet und optimiert.»
Die Festival-Solarstation
Eine solche persönliche Leistung haben alle Prämierten trotz der Versuchung «Künstliche Intelligenz» vollbracht. GBS-Rektor Daniel Kehl honorierte in seiner Ansprache: «Sie alle haben ihre Neugier und ihr Wissen eingebracht und stark an ihren Zukunftskompetenzen gearbeitet. Investieren sie ihre Zeit weiterhin in ihr persönliches Ding, denn dann haben sie weiterhin Erfolg.»
Ihren ersten Platz in der Kategorie der technischen Berufe über vier Lehrjahre werden Patrik Schnider und Liam Züst am Openair St.Gallen geniessen. Mit dabei haben sie ihre Festival-Solarstation. Die Idee dazu kam, als sich eine Musikbox unterwegs nur schwer laden liess. So entstand der Plan, eine günstige, solarbetriebene Powerstation für Outdoor-Einsätze zu bauen – montiert auf einer Grüntonne. Diese ist bei Festivals beliebt, robust, wasserdicht und bietet zusätzlichen Stauraum.
Als Automatiker kannten sich Patrik Schnider und Liam Züst bereits mit Photovoltaik aus. Durch das Projekt lernten sie nach eigener Aussage jedoch noch mehr über Akkus, den Aufbau und die Dimensionierung einer Solaranlage. Lehrer Dennis De Veer würdigte: «Ein bisschen MacGyver, ein bisschen Ingenieurskunst – und ganz viel Eigeninitiative. Genau das ist der Geist der Allgemeinbildung: Technik mit Denken verbinden. Theorie mit Praxis. Vision mit Realität.»
Damit setzte sich das Duo vor den Applikationsentwicklern Gregor Rüegg und Andri Baal durch, die etliche Arbeitsstunden in ihr eigenes Videospiel investierten.
Der Kaffee-Selbstversuch
Fünf bis sechs Tassen Kaffee pro Tag trank Luka Ceta, bevor er sich für seine Vertiefungsarbeit intensiver mit dem koffeinhaltigen Getränk auseinandersetzte. «Mein Schlaf war an Tag 15 meines Experimentes derart erholsam, dass ich mich dazu entschieden habe, Kaffee nicht mehr in grossen Mengen zu trinken», sagt der Metallbaupraktiker EBA.
Nicht nur der Selbstversuch von Luka Ceta, sondern der gesamte Aufbau seiner Arbeit wurde von Lehrer Christoph Bichsel hervorgehoben. Neben den theoretischen Aspekten zur Geschichte, über den Anbau und die richtige Verarbeitung von Kaffee besuchte Luka Ceta selbst eine Kaffeerösterei und machte dort eigene praktische Erfahrungen. Die mit dem ersten Platz belohnte Arbeit (Kategorie Bauberufe EBA) zeige wunderbar auf, wie man auf wenigen Seiten eine facettenreiche, spannende und komplette Arbeit erstellen könne, hielt Christoph Bichsel fest.
Homeoffice und Lebensqualität
Bei den Gestaltungsberufen sicherte sich Andri Kalberer den ersten Platz. Der Interactive Media Designer EFZ befasste sich mit Homeoffice in Schweizer Unternehmen. Neben einer Umfrage unter Arbeitnehmenden führte er Interviews mit verschiedenen Führungskräften und einer Psychologin. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass eine Mehrheit klare Vorteile sieht, von daheim aus zu arbeiten. Bei den meisten Befragten führt Homeoffice zu einer Steigerung der Lebensqualität.
Fake News!
Mit einer Schockmeldungen liessen die ICT-Fachmänner Genc Hoxha und Lucien Som ihre Umfrageteilnehmenden aufhorchen: «Die Mehrwertsteuer steigt auf 9,2 Prozent.»
Genc Hoxha und Lucien Som untersuchten den Einfluss von Fake-News auf die Gesellschaft. In ihrer Arbeit halten die beiden fest: «Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verbreitung von Fake News eine grosse Bedrohung für unsere Gesellschaft ist. Die Menschen werden manipuliert und in die Irre geführt.»
Mit einer eigens erstellten Fake-News-Webseite und KI-generierten Bildern produzierten sie realistisch wirkende Falschmeldungen, mit denen sie anschliessend Personen aus ihrem Umfeld in einer Befragung konfrontierten. Für die realistische Fake-Bilder nutzten die ICT-Fachmänner das Tool Fooocus. Im Vergleich zu DALL-E 3 und Copilot erzeugt Fooocus unzensierte, glaubwürdige Bilder, da es verschiedene Open-Source-Generatoren kombiniert und ein benutzerfreundliches GUI bietet.
Ein Paradies für Papageien
Genc Hoxha sicherte sich nicht nur den obersten Platz auf dem Podest der technischen Berufe mit drei Ausbildungsjahren, sondern mit Losglück auch noch den von HP gesponserten Laptop-Gutschein.
Bei den Bauberufen über drei Ausbildungsjahre freute sich Tobias Wälle über die goldene Auszeichnung. Er befasste sich intensiv mit den Tierschutzrichtlinien und schuf mit seiner Vogel-Voliere ein Paradies für Papageien. Lehrer Urs Wild freute sich für den Maurer EFZ: «Die Entscheidung, die Voliere auf einem Traktoranhänger zu bauen, um baurechtliche Hürden zu umgehen, zeugt von grosser Kreativität und Problemlösungsfähigkeit. Die Verwendung von übrig gebliebenen Materialien aus dem Hausbau seiner Familie unterstreicht zudem seinen nachhaltigen Ansatz.»
Für die Vertiefungsarbeit am Weihnachtsmarkt
Bei der vierjährigen Lehre schwangen mit Dilja Sottile und Nyah Bingesser zwei Zeichnerinnen Fachrichtung Architektur obenaus. Das Duo erlernte die Siebdrucktechnik und hielt die hergestellten Designs in einer Fotodokumentation fest.
Für einen Weihnachtsmarkt erarbeiteten sie ein Verkaufskonzept, das sich anhand des erzielten Umsatzes als erfolgreich erwiesen hat. Nyah Bingesser blickt zurück: «Als wir endlich hinter dem Marktstand standen und all unsere fertigen Produkte vor uns sahen, war ich unglaublich stolz darauf, was wir alles geschafft haben und wie schön alles geworden ist.»
Die Emotionen im Bild
Emotional geprägt wurde die abwechslungsreiche Prämierungsfeier – die gelungene Mischung aus Laudatien, Filmeinspielern und Präsentationen kam gut an – ein zweites Mal durch die Dienstleistungsberufe. Mia Brunetta, Küchenangestellte EBA, lernte, mit Ölfarben zu malen. Ans Publikum gerichtet erklärte die Erstplatzierte: «Malen ist für mich ein Weg, der Wirklichkeit zu entkommen, da es keine Regeln gibt.» Bei ihrer Wahl des Sujets konzentrierte sie sich auf drei verschiedene Emotionen, welche die im Bild gemalten Personen bei den Betrachtenden auslösen sollen.
Lehrerin Sarah Bischofberger fand die passenden Worte für die junge Künstlerin: «Das Kunstwerk «Fassade des Glücks», übrigens in ähnlichem Format wie Leonardo da Vincis Mona Lisa, löst bei mir bei jeder Betrachtung Hühnerhaut aus.» Eine nachvollziehbare Reaktion, die alle Prämierten auf ihre Art und Weise mit ihrer Vertiefungsarbeit und ihrem Engagement hervorrufen.