«… dann überstehen wir die Energie-Mangellage»
Wie man mit Energie haushälterisch umgeht, ist in verschiedenen Lehrgängen der Baukaderschule St.Gallen seit längerem ein Thema. «Jeder Einzelne ist gefordert, in seinem Verantwortungsbereich Energie zu sparen. Dann werden wir die Energie-Mangellage sicher gut überstehen», sagt Andreas Gnos, Lehrperson und Leiter Netz und Technik der Technischen Betriebe Wil. Um sich mit der Thematik vertieft auseinanderzusetzen, eignen sich Tageskurse wie «Energiesparen in öffentlichen Gebäuden» oder der CPS / DPS Bau-Energie-Umwelt.
Andreas, wie sieht die aktuelle Energiesituation in der Schweiz aus?
Andreas Gnos, Lehrperson Lehrgang CPS / DPS Bau-Energie-Umwelt: Die wirtschaftliche Landesversorgung analysiert die allgemeine Versorgungslage der Schweiz in den wöchentlichen Lagebeurteilungen. Die Energieversorgung der Schweiz ist derzeit sichergestellt.
Das bedeutet?
Sämtlich Kernkraftwerke der Schweiz sind in Betrieb und laufen mit regulärer Leistung. Die Erzeugungsleistung der Flusskraftwerke hat sich dank des Regens erholt. Die Füllstände der Speicherseen der Schweiz bewegen sich leicht oberhalb des langjährigen Medians. Trotz der guten Ausgangslage im Inland könnten Importbeschränkungen der Nachbarländer für die Schweiz im Verlaufe des Winters zu Einschränkungen in der Versorgung führen. Die Situation insbesondere in Frankreich bleibt vorerst unsicher.
Verlagern wir unseren Fokus weg von der Elektrizität. Wie sieht es mit dem Vorrat an Erdgas aus?
Auch unsere nationale Versorgung mit Erdgas ist derzeit gesichert. Momentan stehen alle inländischen Pipelinekapazitäten sowie die Import- und Exportkapazitäten uneingeschränkt zur Verfügung. Ebenfalls stabil, aber etwas differenzierter präsentiert sich die Situation ausserhalb unserer Landesgrenzen.
Du sprichst die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf die gesamte europäische Versorgungslage an.
Trotz der erweiterten Pipeline-Transporteinschränkungen infolge des Krieges ist die aktuelle Versorgungssicherheit in Nordeuropa stabil. Dies ist vor allem auf die gesteigerten LNG-Importe und die Erhöhung der norwegischen Produktion zu Gunsten der europäischen Versorgung zurückzuführen. Aktuell liegt der europäische Durchschnitt der Erdgas-Speicherbefüllung bei ungefähr 95 Prozent.
Ist ein Blackout demnach ein unrealistisches Szenario?
Ich persönlich rechne nicht mit einem Blackout. Jede und jeder einzelne ist aber gefordert, in ihrem/seinem Verantwortungsbereich Energie zu sparen. Dann werden wir die momentane Energie-Mangellage sicher gut überstehen. Noch befinden wir uns im Normalzustand. Es wäre falsch, jetzt in Alarmismus zu verfallen. Das bedeutet aber nicht, dass wir die Situation nicht sehr ernst nehmen sollten.
Du unterrichtest als Mann aus der Praxis, arbeitest als Leiter Netz und Technik bei den Technischen Betrieben Wil. Welche Vorbereitungen trifft die Stadt Wil?
Die Technischen Betriebe Wil verfügen seit 2020 über ein Krisenmanagement. Der Krisenstab führt jährlich eine Übung durch und hat zu den verschiedensten Szenarien Checklisten erstellt. Ausserdem haben wir eine Taskforce eingerichtet, die alle zwei Wochen tagt. Es kommen sämtliche Bereiche zusammen: Elektrizitätsversorgung, Wasserversorgung, Gasversorgung, Telekommunikation, Unternehmenskommunikation, IT, Administration und Abwasser ARA. Besonders wichtig ist die Unternehmenskommunikation. Die Mitarbeitenden und die Kundschaft werden auf der Website regelmässig über die aktuelle Lage informiert.
Die Absolventen*innen des Lehrgangs CPS / DPS Bau-Energie-Umwelt an der Baukaderschule St.Gallen sind als Energieberater*innen wichtige Akteure, um nachhaltige Lösungen umzusetzen. Die Stadt Wil hat anfangs April 2022 ein neues Angebot für Beratung und Konzeption von nachhaltigen Energielösungen in den Bereichen Elektromobilität, Solarenergie und Wärme lanciert. Wie kommt das in der Bevölkerung an?
Das Angebot ist ein Beitrag zur Energiewende. Wir gehen engagiert in die Zukunft und bieten eine effiziente Hilfe. Unsere neuen Dienstleistungen werden mit sehr vielen Anfragen und Projektrealisierungen bestätigt, zum Beispiel bei der E-Mobilität und dem wachsenden Photovoltaikzubau. Darum entspricht das Angebot auch dem Zeitgeist.
Fassen wir zusammen: Im Moment haben wir eine Energie-Mangellange, die wir nur gemeinsam meistern können. Wie geht es weiter?
Die Strombranche begegnet der Situation mit dem nötigen Respekt. Sie leistet ihren Beitrag und trifft professionell und vorausschauend die nötigen Vorbereitungen, um im Ernstfall die Entscheide des Bundesrats umsetzen zu können. Gesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung sind allesamt von einer Strommangellage betroffen, und wir alle können einen Teil zur Bewältigung dieser Krise beitragen. Dafür braucht es alle. Nutzen wir die Zeit, unsere Vorbereitungen voranzutreiben. Im schlimmsten Fall werden wir froh darüber sein, im besten Fall haben wir unsere Krisenfähigkeit gestärkt.

«Es wäre falsch, jetzt in Alarmismus zu verfallen. Das bedeutet aber nicht, dass wir die Situation nicht sehr ernst nehmen sollten.»
Andreas Gnos, Lehrperson Lehrgang CPS / DPS Bau-Energie-Umwelt
Wer sich aktiv für den Umweltschutz einsetzt, sollte die Grundlagen der Ökologie verstehen. Der Lehrgang «CPS / DPS Bau-Energie-Umwelt Energieberater*in» ist modular aufgebaut, so dass sich die Teilnehmenden entsprechend der beruflichen Situation (Vorwissen) und den Karriereabsichten einen passenden Ablauf zusammenstellen können.
Teilnehmer*innen mit Berufen der Bauwirtschaft belegen von den Basismodulen Ökologie, Energietechnik und Baukonstruktion in jedem Fall das Modul Ökologie, die anderen zwei je nach Bedarf. Nach diesem Einstieg absolvieren die Studierenden diejenigen Ergänzungsmodule (Wahlmodule), welche sie in ihren eigenen beruflichen Zielen am meisten unterstützen.