«Orientiert euch nicht an der Konkurrenz, aber…»
Differenzierungs-Strategie oder Kostenführerschafts-Strategie? Welche Richtung soll es denn sein? Während der Wirtschaftswoche an der Baukaderschule St.Gallen treffen die angehenden Bauführer/-innen viele Entscheidungen für eine fiktive Schuhfirma. Zum Einsatz kommt die webbasierte Simulation WIWAG.
«The Golden Circle» – am Denkmodell von Simon Sinek führte für die Bauführer/-innen während der Wirtschaftswoche kein Weg vorbei. Was ist die Vision? Welche Strategie wird zur Umsetzung benötigt? Welche konkreten Aufgaben müssen dafür umgesetzt werden? Als Beispiel wurde den Studierenden die Vision von Ikea eingeblendet: «Den vielen Menschen einen besseren Alltag ermöglichen.»
Das Möbelhaus spricht damit die grosse Masse an und verfolgt keine Nischenstrategie. Einen ähnlichen Ansatz verfolgte die Gruppe von Gian-Andrea für ihre fiktive Schuhfirma. Sie hat sich auf folgende Leitidee geeinigt: Jeder Mensch verdient grossartige Schuhe – unabhängig vom Budget. «Wir wollen anders sein als die Konkurrenz. Bisher sind wir mit unserem günstigen Preis von 101,95 gut gefahren», sagt Gian-Andrea.
Intensive Wirtschaftswoche
Die Studierenden erleben wirtschaftliche Zusammenhänge im Unternehmen anhand der webbasierten Simulation WIWAG. Wie im realen Wirtschaftsleben entwickeln sie Strategien und setzen sich mit den Aktivitäten der Konkurrenz auseinander. Dozent Karl Scheiwiller gibt folgenden Tipp: «Orientiert euch nicht an der Konkurrenz, aber informiert euch darüber, wie sie am Markt unterwegs ist. Das ist hilfreich.»
Weil die beiden Bauführerklassen für die Wirtschaftswoche in fünf Gruppen aufgeteilt wurden, stand am ersten Tag der Teambildungsprozess im Vordergrund. Bereits am Tag darauf ging es darum, eine Strategie für die eigene Schuhfirma festzulegen. Der Einblick in eine andere Branche soll inspirieren, denn die Hebel einer Unternehmensführung sind unabhängig von der Branche überall dieselben. Student Michael sagt: «Es ist spannend zu sehen, welche Auswirkungen die gestern getroffenen Entscheidungen haben.» Das Programm der Wirtschaftswoche sei intensiv und vieles sei neu, gerade wegen der Rollenverteilung.
Klassische Zielkonflikte
In den Gruppen schlüpfen die Studierenden in die Rolle des Finanzvorstehers, des Marketingleiters, des CEO oder des Personalvorstehers. «Als Bauführer sind wir ein Zahnrad im grossen Ganzen. Diese Woche hilft, die Verknüpfungen zwischen Buchhaltung, Geschäftsführung und Bauführung zu erkennen», so Michael. Karl Scheiwiller ergänzt: «Als Personalvorsteher oder CFO habt ihr klassische Zielkonflikte. Ihr seid aber keine Einzelkämpfer, sondern ordnet euch der Strategie des Unternehmens unter und macht Kompromisse.»
Das Kundenpotenzial lag für die Gruppe von Michael am ersten Tag bei 1,37 Millionen. Von den 360'000 produzierten Schuhen wurden aber nur 345'000 verkauft. Karl Scheiwiller analysiert: «Ihr habt zu wenig für euer Produkt geworben. Das hat euch Absatz gekostet.» In den darauffolgenden Tagen wollte die Gruppe besser werben, den Preis von 104 Franken noch etwas senken und trotzdem Schuhe aus nachhaltigem Material herstellen.
Messgrösse Marktanteil
Mit diesem Entscheid begab sie sich in die Nähe der Gruppe von Gian-Andrea. Diese nimmt sich vor, durch effiziente Produktion, optimale Ressourcennutzung und innovative Vertriebsstrategien langfristig rentabel zu bleiben. Auf diesem Weg soll ein «herausragendes Preis-Leistungs-Verhältnis» für die Kundschaft gewährleistet werden.
Mit Spannung wurde erwartet, welche Gruppe am Ende der Woche den grössten Marktanteil für sich beanspruchen durfte. Und welches Team den Blick fürs grosse Ganze nicht verlor.