So funktioniert die sprachliche Vorlehre für Jugendliche aus der Ukraine
Die neu geschaffene sprachliche Vorlehre ist am GBS St.Gallen mit sechs Klassen gestartet. Zusätzlich zu den Lehrpersonen bieten Berufswahlcoachs ihre Unterstützung für eine erfolgreiche Lehrstellensuche an.
Bis anhin konnten die Schüler/-innen der Vorlehre zwischen drei Schwerpunkten wählen: Dienstleistungsorientiert, technisch und gesundheitlich-sozial. Während an einem Schultag pro Woche in Niveauklassen gearbeitet wird, steht an den restlichen Wochentagen das Praktikum im Mittelpunkt. Dadurch wird der Berufswahlprozess beschleunigt und die Chancen auf die reguläre Berufslehre steigen. «Neu bieten wir einen vierten Schwerpunkt an: Die sprachliche Vorlehre, speziell für ukrainische Jugendliche», erklärt Karl Oss, Leiter Integrationskurse.
Der schulische Inhalt konzentriert sich dabei wie gewohnt auf die deutsche Sprache, Mathematik und den Themenunterricht. «Wir werden Deutsch aber höher gewichten und den Integrationskurs sozusagen weiterführen. Auch unterstützen wir die Jugendlichen im Hinblick auf eine erfolgreiche Bewerbung und Lehrstellensuche», sagt Karl Oss.
Das Schweizer Bildungssystem kennenlernen
Seit Mai 2022 wurden um die 130 Ukrainer/-innen in die Brückenangebote des GBS St.Gallen aufgenommen. Zuerst besuchten sie von Montag bis Freitag einen Deutschkurs. Anschliessend wurden sie in das bestehende Integrationskursangebot integriert. Dadurch lernten sie teilweise in gemischten Klassen und nahmen nicht mehr an fünf, sondern an vier halben Tagen die Woche in den Klassenzimmern im Klosterviertel Platz.
Der Fokus wurde verstärkt auf das selbstorganisiere Lernen gelegt (mehr dazu). Nicht zu vergessen: Viele Ukrainer/-innen gingen parallel zu den Lektionen am GBS St.Gallen via Online-Unterricht ihrem Studium in ihrem Heimatsland nach.
Jetzt, nach den Sommerferien, zählt die sprachliche Vorlehre sechs Klassen. Die knapp 100 Schüler/-innen verspüren aber keinen Druck, einen Praktikumsplatz zu finden. In der sprachlichen Vorlehre entfällt die rechtliche Vorgabe, spätestens ab dem zweiten Semester ein Praktikum zu absolvieren. Sie sollen genügend Zeit haben, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern und sich mit dem Schweizer Bildungssystem vertraut zu machen. Karl Oss erklärt: «Zusätzlich zu den Klassenlehrpersonen steht ein Berufswahlcoach zur Verfügung.»
Berufswahlcoachs unterstützen
Karl Oss, Lucia Wettstein und Karin Troxler agieren als Coaches. Sie klären die Interessen mit den Jugendlichen einzeln ab, besprechen die Möglichkeiten und helfen eine Lehrstelle zu suchen. «Diese zusätzlichen Ressourcen sind sehr flexibel einsetzbar. Im Zusammenspiel mit den Lehrpersonen wird der Berufswahlcoach individuelle Gespräche führen. Auch wertvolle Inputs über das Bildungssystem, die Eigenheiten eines Mietvertrags oder einer Krankenversicherung sind möglich», skizziert Karl Oss die Rollen.
Das Ziel des Coachings ist klar: Die Jugendlichen aus der Ukraine sollen eine Lehrstelle ab August 2024 finden oder bereits im Verlauf der Vorlehre einen Praktikumsvertrag unterschreiben. Für beide Szenarien ist erfahrungsgemäss ein Deutschniveau auf Stufe B1 notwendig. Wird ein Praktikumsplatz gefunden, wird der Unterricht nur noch einmal wöchentlich besucht. Seitens Schule werden die Jugendlichen auch ausreichend Zeit für einzelne Schnuppertage erhalten. Über ihre motivierenden Erfahrungen dürfen sie dann ihren Mitschüler/-innen berichten – ganz im Sinne der sprachlichen Vorlehre wird das auf Deutsch geschehen.