Wie der SBV und die SBB BIM-Standards entwickeln
Am zweiten Frühstücksgespräch 2024 der Baukaderschule St.Gallen berichteten in der Aula zwei Partner, die sich für Standards bei BIM-Bauvorhaben einsetzen. Einerseits der Schweizerische Baumeisterverband, der die Branche bei ihrem Schritt in die digitale Zukunft tatkräftig unterstützt. Andererseits die SBB, die ab 2025 für alle Infrastrukturanlagen die BIM-Methode anwenden will. Das nächste Frühstücksgespräch am 23. Mai 2024 rückt dann die Künstliche Intelligenz in den Mittelpunkt.
Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) geht von einer deutlichen Zunahme von öffentlichen BIM-Ausschreibungen aus. «Wir sehen am Horizont immer mehr BIM-Anwendungsbereiche mit einem echten Mehrwert», sagt Moritz Lüscher, Leiter Digitalisierung beim SBV. Deshalb setzt sich der SBV für eine Standardisierung bei der Ausschreibung-Methodik ein.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Standards ermöglichen ein einheitliches Vorgehen und helfen, einen Qualitätsanspruch zu definieren. Sie ermöglichen ebenso eine effizientere Zusammenarbeit. An den Frühstücksgesprächen der Baukaderschule St.Gallen berichtete Moritz Lüscher über ein entsprechendes Positionspapier «BIM-Ausschreibungen». Ziel sei es, gemeinsam eine Haltung sowie Minimalanforderungen seitens Bauunternehmen und für die Kommunikation an öffentliche Bauherren zu definieren.
Anforderungskatalog mit «Quick Wins»
Der Anforderungskatalog für BIM-Ausschreibungen entsteht in enger Zusammenarbeit mit den SBV-Mitgliedern. Diese konnten während Besprechungen oder in Form von Umfragen an der Entwicklung teilnehmen. Auch hat der SBV mehrere Roundtables mit BIM-Verantwortlichen durchgeführt. «Das Thema beschäftigt unsere Branche. 300 Antworten gingen bei der Vernehmlassung unseres Positionspapiers ein», sagt Moritz Lüscher.
Als Sofortmassnahme schlägt der SBV vor, die Eingabefristen für BIM-Ausschreibungen vorübergehend zu verlängern. Dies so lange, bis sich eine Methode etabliert hat. «Unser Vorschlag ist, den Faktor 1,5 bis 2 anzuwenden», erklärt Moritz Lüscher. Ein weiterer sogenannter «Quick Win» sieht vor, dass Bewerber/-innen, die keinen Zuschlag erhalten, mittels Debriefing über die Gründe informiert werden.
Bauteilcodierung: Die SBB bringt ihr Wissen ein
Moritz Lüscher informierte auch über mittel- bis langfristige Massnahmen. Unter anderem sollen bei BIM-Ausschreibungen einheitliche Methoden für die Ausschreibung verwendet werden. Unter Verwendung eines einheitlichen Bauteilkatalogs. Im nächsten Halbjahr finalisiert der SBV die Bauteilcodierung für den allgemeinen Hochbau nach dem Pareto-Prinzip und realisiert ein Pilotprojekt. In einer zweiten Phase ist ein Bauteilkatalog für den Infrastrukturbau geplant. In absehbarer Zukunft sollen sich zudem Bauteile-Listen mit Hilfe von generativer AI erstellen lassen.
In der ersten Phase (Bauteilcodierung) ist die SBB für den SBV ein verlässlicher Partner. Im Entwicklungsprogramm BIM@SBB fokussieren sich die Schweizerischen Bundesbahnen darauf, Grundlagen zu erarbeiten, diese zu pilotieren und sich laufend zu verbessern. «Aus diesen Erfahrungen lernen wir und führen BIM sukzessive in der Bahninfrastruktur ab 2025 ein», erklärt Stefan Reiser, Disziplinenleiter BIM Standardisierung und Branche, BIM@SBB.
BIM-Kompetenzen sind gefordert
Um BIM erfolgreich einzuführen, arbeitetet die SBB eng mit der Baubranche zusammen. Aktuell seien um die 100 Projekte mit BIM geplant, aktiv oder abgeschlossen, sagt Stefan Reiser. Der Erfahrungsschatz wächst auch dank über 200 Erprobungen von Use Cases an. Dazu gehören Projekte wie Tunnelbau, Publikumsanlagen oder Fahrbahnerneuerungen. Stefan Reiser vermeldet: «Alle Landesteile und SBB-Fachbereiche sind mit BIM in Berührung gekommen.»
Voraussichtlich im Jahr 2036 setzt die SBB nur noch BIM-Projekte um – und wird von den gemeinsam erarbeiteten Standards mitprofitieren. Moritz Lüscher vom SBV erklärt: «Wir gehen bei der Ausarbeitung kooperativ vor und sind auf gutem Weg. Die definierten Standards sind jedoch nur ein Teil des Puzzles. In den Unternehmen müssen BIM-Kompetenzen weiter aufgebaut werden.» Er verwies auf das überarbeitete Handbuch «BIM im Bauunternehmen – ein Anwendungsbuch für die strategische BIM-Einführung im Bauunternehmen.» Und gleichzeitig ist sein Hinweis eine herzliche Empfehlung für die BIM-Weiterbildungskurse an der Baukaderschule St.Gallen.
Das nächste Frühstücksgespräch der Baukaderschule St.Gallen
Bei den BKS-Frühstücksgesprächen können alle oder einzelne Module kostenlos besucht werden. Organisator Daniel Gerber sagt über das Programm: «Wir sprechen an den diesjährigen Frühstücksgesprächen über die Zukunft der Bauwirtschaft und haben den Fokus dabei nicht nur auf BIM allein. Wir nehmen mit der Künstlichen Intelligenz ein neues Themenfeld dazu, das in unserem Alltag immer stärker aufkommt.»
23. Mai 2024
7:30 bis 8 Uhr: Eintreffen, Kaffee und Gipfeli
8 bis 9 Uhr: KI – Künstliche Intelligenz in der Architektur und Ingenieurwesen. Referenten: Nora Bukovits und Andrés Velasco Muro von PAZ Academy.