Industrial Design HF: Diese Karriere kannst du machen
Industrial Designer/-innen HF sind auf dem Arbeitsmarkt gefragt. Wo genau, das erzählt Lehrgangsleiter Markus Pawlick im Interview. Das berufsbegleitende Studium an der Schule für Gestaltung St.Gallen hilft, das Netzwerk für den nächsten Karriereschritt zu knüpfen. Die Weiterbildung ist seit 2015 durch das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI anerkannt.
Markus, welche beruflichen Möglichkeiten haben die Studierenden nach den sechs berufsbegleitenden Semestern bei uns?
Markus Pawlick, Lehrgangsleiter Industrial Design HF: Viele unserer Studierenden kommen aus handwerklichen Berufen, der Holz- oder Metallverarbeitung oder aus planerischen Berufen wie der Konstruktion. Sie alle arbeiten bereits während ihres Studiums in einem Unternehmen, wo sie mit Fragen des Designs und der Gestaltung konfrontiert sind. Ihr Hauptziel ist es, ihre Kompetenzen in diesem Beriech bei uns weiter auszubauen. Dadurch können sie im Unternehmen immer mehr gestalterische Aufgaben übernehmen.
Andere kommen auch zu uns und wollen sich beruflich neu orientieren. Sie wollen Designer/-in werden und in den Markt eintreten.
Diese Studierenden streben einen Berufswechsel und eine Design-Karriere an. Für diesen Weg ist es unter anderem wichtig, dass man sich ein Netzwerk aufbaut. Während den drei Jahren bei uns werden Kontakte zu Dozierenden, Mitstudierenden und Unternehmen geknüpft. Dieses Networking bildet die Grundlage für eine proaktive Bewerbungen in Betrieben, für die man sich interessiert. Dies ist wichtig, weil in gestalterischen Berufen die persönliche gestalterische Haltung ein entscheidendes Kriterium für eine Anstellung in einem Designbüro ist.
Was macht die Arbeit in einem Designbüro für unsere Absolvierenden so spannend?
Schweizer Unternehmen führen nur selten eine eigene Designabteilung, die Entwicklungen von A bis Z selbst gestaltet. Sie greifen vielmehr auf externe Gestalter/-innen aus den unzähligen kleineren und mittleren Designbüros zurück. Die meisten dieser Büros haben zwischen zwei und zehn Mitarbeitende. Nur eine Handvoll beschäftigt 20 bis 50 Mitarbeitende. Diese Designbüros sind in der Regel sehr vielseitig tätig und bieten ein breites Spektrum an Designleistungen an. Ein gutes Beispiel ist unser eigenes Designbüro.
Wie meinst du das?
Im Laufe der Zeit haben wir uns auf Ausstellungsdesign spezialisiert. Neben den räumlichen Aspekten gibt es hier ein breites Spektrum an Möbel, Vitrinen, Vermittlungsinstrumenten oder Medialen Installationen zu gestalten.
Was ist ein weiterer Karriereweg?
Eine weitere Möglichkeit ist die Selbstständigkeit. Nach jedem Lehrgangsabschluss kommt es immer wieder dazu, dass sich unsere Studierende zusammenschliessen und ein neues Designbüro gründen. Das ist natürlich gerade in der Anfangsphase kein leichtes Unterfangen, müssen doch erst einmal Kunden und Aufträge akquiriert werden.
Warum haben die Absolvierenden der Schule für Gestaltung St.Gallen gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt?
Wir bieten eine praxisorientierte Ausbildung an. Der HF-Lehrgang für Industrial Design bereitet die Studierenden auf den Arbeitsmarkt und die anspruchsvolle und erfüllende Arbeit als Designer/-in vor. Es wird ihnen beigebracht, mit den verschiedenen Phasen des Designprozesses umzugehen und sie zu meistern. Sie werden innovative und ästhetisch ansprechende Produkte entwickeln, die den Bedürfnissen der Nutzer/-innen gerecht wird. Dadurch bauen die Studierenden im Verlaufe der Weiterbildung ein Portfolio auf, das bei einer Bewerbung eine entscheidende Rolle spielen wird.
Wie zeigt sich die Nähe zum Berufsalltag im Stundenplan?
Das erste Semester ist sozusagen ein Vorkurs, indem wir grundlegende Kenntnisse vermitteln. Ab dem zweiten Semester stehen pro Semester drei bis vier grössere Projekte an, die je nach Umfang 40 bis 80 Lektionen umfassen. Diese Aufgaben konzentrieren sich auf bestimmte Themenstellungen im Design. Ein Beispiel für ein solches Projekt ist das materialgerechte Gestalten mit Holz. Hier behandeln wir Aspekte wie Material, Form, Funktion sowie Werkstatt- und Handwerkarbeit. Innerhalb des vorgegebenen Projekts findet eine Schulung in der Werkstatt und Theorieinput zum Material, der Fertigungstechnik und der optimalen Planung eines Projekts statt. Am Ende des Designprozesses haben die Studierenden ein Modell oder einen Prototyp für ihr Portfolio realisiert.
Die Bildungsziele anhand des Designprozesses
Aufgabenstellung/Briefing: Dem Designprozess liegt in der Regel ein Briefing zugrunde, welches im Idealfall zusammen mit dem Kunden erarbeitet wird. Hier werden sämtliche Rahmenbedingungen, Anforderungen und Ziele des zu entwickelnden Produktes festgelegt. Absolvierende sind in der Lage, schon frühzeitig eine kritische Haltung einzunehmen, grundsätzliche Fragen zu stellen und vorausschauend Kosten, Arbeitsaufwand und Terminplanung abzuschätzen.
Analyse/Recherche: Es ist wichtig zu verstehen, wie ein Produkt in die Gesellschaft eingebettet und akzeptiert ist. Wie wirkt es auf der emotionalen Ebene? Die Studierenden beschäftigen sich auch mit kulturellen Fragen und der Kunstgeschichte, um ein ganzheitliches Verständnis zu entwickeln.
Die Analyse bestehender Produkte, Abläufe und Funktionen sowie des Produktumfeldes erfordert ein fundiertes Wissen der gestalterischen Zusammenhänge. Und auch ein Verständnis von Positionen und Entwicklungen im Industrial Design. Grundlage dafür sind Kenntnisse in Kunst-, Design- und Kulturgeschichte.
Industrial Designer/innen nutzen sämtliche zur Verfügung stehende Medien zur Recherche. Sie stellen die Ergebnisse in einer Produktanalyse schlüssig dar und bringen diese in eine präsentierbare Form.
Konzept/Idee: Die Entwicklung eigenständiger Designkonzepte und die Ideenfindung bilden den eigentlichen Kernbereich des Industrial Design. Ausgebildete Designer/-innen sind in der Lage, Kreativtechniken zu nutzen, um Ideen auch dann zu generieren, wenn die Muse einmal zu schlafen scheint. Materialexperimente, Versuchsanordnungen und Bearbeitungstests bilden die Grundlagen für neue Designlösungen. Sie beherrschen die zeichnerischen und handwerklichen Mittel, um Skizzen und erste einfache Handmodelle anzufertigen. Diese bilden dann die Entscheidungsgrundlage für die weitere Ausarbeitung.
Entwurf/Modell: Im Entwurfsprozess spielen verschiedene Aspekte wie Materialkunde und Ergonomie (Biometrik, Interface, Wahrnehmungsphysiologie) eine Rolle. Diese Phase geht über die rein technische Arbeit hinaus und die Studierenden entwickeln ihre Designfähigkeiten und berücksichtigen kulturelle Aspekte. Bei der Umsetzung werden auch betriebswirtschaftliche und rechtliche Blickwinkel eingenommen. Theorieinputs aus BWL und dem Recht helfen zum Beispiel bei der Frage nach dem Urheberrecht.
In der Entwurfsphase werden die ausgewählten Ideen und Konzepte detailliert ausgearbeitet. Mit CAD- und 3D-Modellierprogrammen werden Pläne, Visualisierungen und Rohdaten für die Modellfertigung erstellt. Hierfür kennen Industrial Designer/-innen die notwendigen Programme und die Konventionen des Planzeichnens. Form- und Funktionsmodelle zeigen Vor- und Nachteile der Entwürfe auf. Schrittweise werden Konzept und Ideen immer wieder überprüft, in Frage gestellt und neu detailliert, bis die Anforderungen des Briefings optimal erfüllt sind.
Ausführung/Prototyp: Die Weiterbildung Industrial Design legt grossen Wert auf die Vermittlung von Unterstützungskompetenzen. Darunter fällt zum Beispiel das Wissen rund um die Projektplanung, da Designer/-innen oft als Dienstleister/-innen agieren. Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachleuten wie PR-Beratern/-innen oder Handwerker/-innen will koordiniert sein.
Diese Fachleute werden möglichst früh, besonders aber in der Detaillierungsphase, beigezogen. Kommunikative Fähigkeiten, technisches Basiswissen und Verständnis für die ökonomischen Machbarkeiten sind hier unabdingbar für die Realisation eines Entwurfes.
Realisation/Umsetzung: Mit Produktionsbeginn ist der Hauptteil der Arbeit der Industrial Designer/-innen getan. Trotzdem begleiten sie die weiteren Schritte der Produktion, Vermarktung und Verbesserung des Produktes auch nach dem eigentlichen Entwurfsprozess.