Firmen stellen den Industrial Designer/-innen knifflige Aufgaben
Fragst du dich manchmal, ob ein Produkt auch anders gestaltet sein könnte? Einfacher, nachhaltiger, intuitiver zu gebrauchen oder einfach nur schöner anzuschauen? Die berufsbegleitende HF-Weiterbildung Industrial Design an der Schule für Gestaltung St.Gallen orientiert sich an der Praxis. Eine Herstellerin von Reiseadaptern hat die Studierenden gebeten, sich ihr Produkt ganz genau anzuschauen.
Touristen/-innen haben das Bedürfnis nach unkomplizierten Lademöglichkeiten. Sie wollen sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, welcher Steckerstandard in Australien, Brasilien oder Italien gilt. Die Firma Skross bietet entsprechende Adapter an.
Die HF-Studierenden Industrial Design wurden mit der Aufgabe betraut, die Produktepalette der Firma Skross unter die Lupe zu nehmen. Sie haben sich speziell auf die Anzeigenfunktionen des Produktes konzentriert. Also darauf, woran man erkennt, wie das Produkt zu gebrauchen ist. Ihnen fiel auf, dass man bei den bestehenden Produkten nicht wirklich versteht, wie die ausschiebbaren Stecker funktionieren. In Zweiergruppen arbeiteten sie nun Lösungsansätze für ein übersichtlicheres und verständlicheres Produkt aus, dass die Handhabung des Adapters für Weltenbummler/-innen verbessert.
Während die eine Gruppe eine Lösung präsentierte, wie der Schieber analog zu einem Cutter einrasten könnte, beschäftigte sich ein zweites Team mit der Verpackung. Der Vorschlag bestand aus einer stapelbaren Verpackung, die in einfacher Weise Inhalt und Funktion des Produktes grafisch zeigt. Eine weitere Gruppe konzentrierte sich auf eine Reduktion der Form und auf farbliche Akzente, welche die funktionalen Teile deutlich kennzeichnet.
Materialkunde mit Praxis verknüpft
Obwohl Industrial Designer/-innen keine Handwerker sind, arbeiten sie auch in der Werkstatt und experimentieren mit Materialien und Fertigungsprozessen, um neue Ideen und Möglichkeiten zu erkunden. Sie eigenen sich ein umfassendes Verständnis für Materialien an und lernen in den sechs Semestern die wichtigsten Handgriffe in einer Werkstatt. Markus Pawlick erklärt: «Auf der einen Seite spielt der materialgerechte Umgang eine wichtige Rolle für die Formgebung. Auf der anderen Seite ist Design aber nicht nur eine technische Disziplin mit Material und Funktionen. Kulturelle und kommunikative Aspekte eines Produktes spielen eine ebenso wichtige Rolle.»
Jedes Produkt, sei es eine Flasche oder eine TV-Bedienung, kommuniziert durch seine Gestaltung, wie es funktioniert und wie es zu gebrauchen ist. Ein Blick auf die TV-Bedienung sollte genügen, um beispielsweise zu erkennen, mit welchem Knopf das Gerät eingeschaltet werden kann.
Neben den theoretischen Inputs zum Material fehlt im Unterricht die Praxis nicht. Die Studierenden gestalteten einen Grill aus Blech, mit der Vorgabe, dass vier Olma-Bratwürste darauf Platz finden. «Bei der Herstellung eines solchen Grills müssen wir uns zunächst mit den Eigenschaften und Möglichkeiten des Materials vertraut machen», so Markus Pawlick.
Wie funktionalstauglich ist die Lösung?
Aber auch die Funktionen eines Grills und des Grillprozesses müssen gut durchdacht sein. Wo wird die Kohle platziert? Wie wird die Asche entsorgt? Wo braucht es Luft und welche Teile werden heiss?
Markus Pawlick erinnert sich an die Aufgabe: «Studierende aus einem technischen Beruf tendierten dazu, zusammensteckbare oder zusammenlegbare Lösungen zu entwickeln. Der Grill einer Goldschmiedin hingegen erinnert eher an ein Schmuckstück.»
In welchem Zusammenhang auch immer die Semesterprojekte stehen, mit jedem Projekt haben die Studierenden neue Erfahrungen gewonnen und haben nicht zuletzt auch ein weiteres Projekt realisiert, das sie in ihrem Portfolio zeigen können. Ob ihre Lösungen dann auch tatsächlich funktionierten, konnten die Studierenden zum Abschluss bei einer Grillparty für die Kollegen/-innen aus den benachbarten Lehrgängen zeigen. – so kommen an der Schule für Gestaltung St.Gallen jeweils auch der gesellige Aspekt und das Netzwerken nicht zu kurz.